Das Thema Strausberger Altstadt ist durch permanente Diskussionen egal zu welchem Detail, schon arg strapaziert. Trotzdem veranlasst mich ein Beitrag von Herrn Petrus auf der http://www.jensknoblich.de/, zu einer etwas ausführlicheren Betrachtung des Werdegangs von 1990 bis heute, weil Herr Petrus bewusst oder unbewusst, ein wahres Wort gelassen ausgesprochen hat.
Er meinte: „Ich denke, es sollte ein Kompromiss gefunden werden, der mit der jetzigen Bebauung und dem jetzigen Zustand möglich ist“.
Damit trifft er genau den Punkt, weil in der gegenwärtigen Debatte immer noch und immer wieder Gedanken laut werden eine Flaniermeile zu schaffen, bei der u.a. von Straßencafe`s die Rede ist, obwohl die Bebauung und die derzeitige Nutzung dies kaum oder eher nicht hergibt.
Herr Petrus kommentiert auf o.g. Seite denn den möglichen Alternativgedanken Abriss und Neubau auch gleich mit, „ es fehlt ihnen wohl bloß das Geld“.
Der Volksmund sagt, ohne Moos nix los und wer selbst gebaut hat oder baut wird bestätigen, wie treffend dieser Satz für das Metier Bauwesen ist.
Lt. Vorbereitender Untersuchungen in den Jahren 1991-1992 und dem 1993 dazu gefertigten Untersuchungsbericht für die Entscheidung eines förmlich festgelegten Sanierungsgebietes, wurden zu diesem Zeitpunkt in der Strausberger Altstadt:
13 Häuser mit sehr schlechtem
77 Häuser mit mittel bis schlechtem
73 Häuser mit mittel
53 Häuser mit gutem
2 Häuser mit sehr gutem Zustand eingestuft.
Wobei anzumerken ist, dass sich die Bewertung maßgeblich auf die Bausubstanz bezog und der heute gültige Wohnstandart noch weitgehend außen vor blieb.
Für die Modernisierung des v.g. Bestandes wurden damals 128.520 Mio DM
(rund 65.711 Mio Euro) veranschlagt.
Hinzu kam die veranschlagte Summe von 134.400 Mio DM (rund 68.700 Mio Euro) für die Schließung von Baulücken, Freiflächen u.ä.,
sowie 10.247 Mio DM ( rund 5.200 Mio Euro) für Straßen, Plätze und Wege.
Anmerkung: Bei letzterer Summe lagen sie ja wohl total daneben, siehe Kosten Großestraße, Müncherberger Straße, Sraße am Buchhorst, Georg-Kurtze-Straße, Klosterstraße, Markt und Kirchplatz.
1993 wurden also insgesamt Kosten in Höhe von 273.167 Mio DM d.h. 139.611 Mio Euro vorausgeschätzt.
Die Untersuchenden sind bei ihrer Kostenschätzung offensichtlich davon ausgegangen, dass der vorgesehene Sanierungszeitraum von 10 Jahren eingehalten wird. Das sich die Wirksamkeit der Sanierungssatzung am 01. Januar 2014 zum zwanzigsten Mal jährt und ein konkretes Abschlussende noch nicht in Sicht ist, konnten sie nicht vorhersehen. Auch den heute üblich zu berücksichtigenden Kostenzuwachs von 2 % jährlich haben sie wohl deshalb außen vor gelassen, weil sie auf den Fördermittelfluss im Zuge der durch Altkanzler Kohl versprochenen „blühenden Landschaften“ vertraut haben. Inzwischen sollte jedoch deutlich geworden sein, aus dem Fördermittelfluss ist ein tröpfelnder Wasserhahn geworden.
Die in Größenordnungen vorausgesagten Komplettförderungen bei Haussanierungen, haben sich in Strausberg gerade mal an 2 Häusern der Klosterstraße bewahrheitet.
Stimmen die aus gemachter Erfahrung vor einer Satzung gemäß dem sogenannten klassischen Sanierungsverfahren wonach rechtsgeschäftliche Handlungen nach §144 (1) und (2) BauGB der schriftlichen Genehmigung durch die Gemeinde bedürfen gewarnt haben, wurden als Kapitalhörig und Begünstiger von Spekulanten verteufelt.
Was jedoch daran spekulativ ist, dass jemand ein marodes Haus kauft es fach- und sachgerecht saniert und dann zum entsprechenden Wert weiter verkaufen möchte, ist zumindest für mich nicht nachvollziehbar.
Wer jedoch wie vorstehend genannt saniert und dem trotz Preiseinverständnis des Käufers die schriftliche Genehmigung der Gemeinde nach § 144 (2) 1. BauGB wegen anderer wesentlich geringerer Preisvorstellungen versagt wird dem ist sicher nachzusehen, dass er die Lust am Sanieren verliert.
Es ist meine feste Überzeugung, dass wir in der Strausberger Altstadt mit dem vereinfachten Sanierungsverfahren gemäß § 142 (4) BauGB zumindest was die Bebauung betrifft, besser voran gekommen wären. Mit der Gestaltungs- und Erhaltungssatzung war vieles steuerbar, ein befürchteter Wildwuchs daher ausgeschlossen. Dem hätte schon die Allmacht Denkmalschutz entgegengestanden. Auch der private Geldfluss der Jahre 1990 – 1993 nach Strausberg hätte nicht so plötzlich geendet.
Wie sagte doch der bekannte Banker Hermann Josef Abs: „ Kapital ist wie ein scheues Reh, einmal vertrieben, kehrt es nie mehr zurück“.
Daher haben zahlreiche Strausberger die Ärmel hochgekrempelt, sich mit Krediten belastet und das Gesicht der Stadt zum Positiven verändert. Sie haben bewirkt, dass nicht mehr zutrifft was Dorchen Procksch Gott hab` sie selig (älteren Strausbergern sicher aus dem kleinen Laden Große Straße 5 noch erinnerlich) einst sagte: „Die Augen der Häuser sind tot“. Die Masse des Kapitals das in die Bausubstanz geflossen ist hat seinen Ursprung im privaten Bereich. Der Fördermittelanteil, nimmt sich dagegen eher bescheiden aus. Dafür hat die relevante Satzung in ihrer Anwendung nicht wenigen Bauherren manch` zähe Auseinandersetzung mit den Genehmigungsbehörden, schlaflose Nächte und zusätzliche Kosten beim Bau und durch Sanktionen beschert.
Und so schließt sich der Kreis zu dem was Eingangs Petrus abgewandelt sagte, es nutzt im Nachhinein wenig zu wissen, was man hätte anders oder besser machen können. Wir müssen entsprechend den Gegebenheiten tragfähige Kompromisse finden. Dabei wäre hilfreich, wenn sie so zeitnah gefunden werden, dass sie möglichst viele Einwohner aber auch hier Aktive und Gäste der Stadt noch erleben.
Wolfgang Winkelmann